Fehler in Abnahmemessungen an Kupfer-Netzwerken Ist mein Messequipment noch in Ordnung? Wie überprüfe ich das?
Es gibt viele Gründe warum Abnahmemessungen an Netzwerk-Datenstrecken scheitern können. Diese Gründe reichen von Messeinstellungen, die nicht richtig gesetzt wurden, über mehr als ein Dutzend einzelner Messparameter die Fehler erzeugen können, ausgelöst von Unzulänglichkeiten der Anlage, bis hin zu Beeinträchtigungen von Seiten des verwendeten Messequipments als die Ursache von Fehlmessungen. Wie man den Zustand seines Messsystems überprüft, um diese potentielle Fehlerquelle auszuschließen, soll hier kurz dargestellt werden.
Messstecker als Übeltäter
Ein Messsystem zum Zertifizieren von Kupfer-Netzwerken besteht generell aus den zwei Messgeräten selbst und dem Messzubehör. Das sind vor allem die Messkabel mit den Messsteckern, die die Verbindung zu der zu testenden Anlage herstellen.
In unserer Betrachtung hier gehen wir davon aus, dass kein Defekt oder Softwarefehler in den Geräten unsere Messungen zunichte gemacht hat. Hilfreich ist eine gültige Werkskalibrierung, die schon mal aussagt, dass die Geräte in einem Zustand sind, der Messungen im erlaubten Toleranzbereich garantiert und somit Fehler in der Bewertung im Gerät ausschließt.
Die Hauptursache für Messfehler, die vom Messsystem ausgehen, sind daher Verschleißeffekte an den Messkabeln, genau gesagt am RJ45-Messstecker. Verschleiß, der die Messwerte beeinträchtigt, entsteht durch wiederholtes Stecken der Messkabel. RJ45-Stecker sind mit einer Steckzyklenzahl von 750 spezifiziert, allerdings ist dies ein Laborwert. Im Praxiseinsatz können Messstecker durchaus schon früher in die Knie gehen, abhängig vom Umgang damit und auch der mechanischen Kompatibilität zwischen der Buchse im Messobjekt und dem Messstecker. Da aber das Maß des Verschleißes und der aktuelle Einfluss auf die Messwerte nicht direkt aus der Steckzyklenzahl ableitbar ist, braucht man ein externes Bezugs- oder Referenznormal gegen das der Zustand des Messsteckers bewertet werden kann.
Referenzring als „Schiedsrichter“
Das beste Mittel, um sich auch in der Baustellenumgebung jederzeit den Zustand des Messsystems überprüfen zu können ist die Mitnahme eines, nennen wir ihn „Referenzring“ inklusive Messprotokoll desselbigen.
Um eine vergleichbare Referenz zu den derzeit üblicherweise verlegten Strecken der Leistungsklasse EA, also mit 500 MHz Bandbreite, zu erhalten, sollte sich auch die Referenzstrecke auf diesem Leistungsniveau befinden. Aufgebaut wird eine solche Bezugsstrecke daher üblicherweise aus einem hochwertigen Verlegekabel, heutzutage typischerweise mindestens der Kategorie 6A abgeschlossen mit Komponenten auch nach der Kategorie 6A. Wichtig ist auch eine sorgfältige Montage der Strecke. Anschließend wird dieser Ring vermessen und das Messprotokoll dazu gepackt. Wichtig ist, dass diese „Bezugsmessung“ mit dem Messgerät durchgeführt wird, wenn es in einwandfreiem Zustand ist, d.h. frisch kalibriert und mit aktueller Firmware bestückt ist und die verwendeten Messadapter, Messkabel und Messspitzen neu oder neuwertig sind, um den optimalen Messerfolg zu erzielen. Diese Vorgehensweise ist sogar im Mess-Standard IEC 61935-1 beschrieben, als eine der Methoden gesicherte Messergebnisse zu erhalten.
Bemerkt man während des Messens einer Verkabelungsanlage eine kontinuierliche Verschlechterung der Werte für ohmscher Schleifenwiderstand und der Hochfrequenzparameter, sollte eine Überprüfungsmessung gegen diesen mitgebrachten Referenzring durchgeführt werden. Fallen die Messwerte nun deutlich schlechter im Vergleich zu den „Referenzwerten“ aus, sollte man einen Austausch der Messspitzen oder des Messkabels (je nach System) vornehmen, um innerhalb der Spezifikationen für diese Messungen zu bleiben. Am besten packt man zum Referenzring auch einen neuen Satz Messkabel bzw. -spitzen, um ohne Unterbrechung die Arbeit fortsetzen zu können.
Dieser Beitrag soll nur ein kurzes Schlaglicht auf eine mögliche Fehlerursache bei fehlgeschlagenen Abnahmemessungen werfen. Wenn sie mehr zu dem Themenkomplex wissen wollen, bieten wir eine Fülle von Werkzeugen an, die sich mit der der Fehlersuche befassen. Dazu gehören diverse Whitepapers, besonders zu Hochfrequenz-Fehlern, die sich ausführlich mit den möglichen Fehlerursachen anhand von Beispielen beschäftigen und die wir hier an dieser Stelle auch sukzessive zur Verfügung stellen. Weiter bieten wir eine Reihe von Live-Webinaren, beziehungsweise Aufzeichnungen von Webinaren, die wir bereits gehalten haben, an, die sich explizit mit der Fehlersuche beim Zertifizieren an Datenstrecken beschäftigen. Wenn sie noch tiefergehende Fragen haben, nehmen Sie einfach direkt mit uns Kontakt auf. Wir helfen gerne weiter, mit ausführlicher Beratung und einer Fülle von guten Tipps aus der Praxis.
Alfred Huber
Leiter Technik
Softing IT Networks
August 2021