Rückflussdämpfung – Reflexionen auf der Datenstrecke

Rückflussdämpfung bei metallischen Leitern

Ein Hochfrequenzparameter, der bei Abnahmemessungen von Datenstrecken gerne mal scheitert, ist die sogenannte Rückflussdämpfung (engl. Return Loss/RL). Wie es sein kann, dass trotz gewissenhafter Auswahl hochwertiger Komponenten und sorgfältigem Auflegen der Kabel auf die Verteiler und Datendosen die Messung dieser Größe schiefgehen kann, soll dieser Beitrag näher beleuchten. Bevor wir aber auf die einzelnen Fehler eingehen, müssen wir uns zuerst mit der Theorie hinter diesem Messwert befassen, um Rückschlüsse auf mögliche Fehlerursachen ziehen zu können.

Die Rückflussdämpfung, auch Rückstreudämpfung genannt, ist ein Maß für die Reflexionen, die auf einer Datenstrecke auftreten können. Die Rückflussdämpfung gibt es bei metallischen Leitern und bei Lichtwellenleitern. Es handelt sich dabei um das Verhältnis von ausgesendeter Leistung zu reflektierter Leistung, angegeben als logarithmisches Maß in Dezibel (dB). Bei metallischen Leitern, die hier thematisiert werden, treten solche Reflexionen an Inhomogenitäten des Wellenwiderstandes (Impedanz) innerhalb des Kabellaufs auf.

Stabile Impedanz als Qualitätsmerkmal

Die Impedanz einer Datenstrecke sollte nominell 100 Ohm betragen. Sie setzt sich aus den Einzelgrößen Widerstandsbelag, Ableitungsbelag, Induktivitätsbelag und Kapazitätsbelag zusammen. Auch ist der Wert in geringem Maß frequenzabhängig. Diese Grundgrößen der Leitungstheorie sind im Wesentlichen durch den mechanischen Aufbau des Kabels definiert. Jegliche mechanische Überlastung des Kabels, die den Aufbau beeinflusst, wird automatisch die Impedanz verändern und zur Verschlechterung des Reflexionsverhaltens führen. Wichtig ist, dass alle Bestandteile der Strecke, Kabel und Anschlusskomponenten dieselbe Impedanz von 100 Ohm haben, sonst treten an den Übergangsstellen ungewollte Reflexionen auf und die Übertragungsleistung der Strecke leidet dadurch.

Mögliche Fehlerquellen können somit eben alle Einzelkomponenten einer Datenstrecke sein, zusätzlich dazu handwerkliche Unzulänglichkeiten beim Verlegen bzw. Terminieren der Strecken. Sogar die verwendeten Anschlussschnüre der aktiven Komponenten können eine gute Installationsstrecke zum Problem werden lassen, wenn hier die Impedanzen nicht harmonieren. Welche Fehlerquelle sich wie auswirkt, werden wir uns im weiteren Verlauf dieses Beitrages anhand von typischen Fehlerbildern auf dem Messgerät detailliert anschauen.

Messung

Die Rückflussdämpfung wird im Feld mit einem Verkabelungszertifizierer wie etwa dem WireXpert der Softing IT Networks GmbH ermittelt. Es werden beide Geräte LOCAL und REMOTE an die Datenstrecke angeschlossen und ein Einzel- oder Autotest gestartet. Die Geräte schicken sukzessive ein gewobbeltes Testsignal im Frequenzbereich des angewählten Teststandards auf jedes Aderpaar von jeder Seite aus über die Strecke. Das jeweils ferne (Remote) Gerät liefert den entsprechenden Nominalabschluss. Jeder Sendekanal ermittelt über die integrierte Reflexionsmessbrücke nun den spezifischen Rückflussdämpfungswert und alle gewonnenen Einzelwerte werden zu einer übersichtlichen Sammelgrafik inklusive Grenzwertkurve aufbereitet und dargestellt. Einfach ausgedrückt, umso höher der erreichte Messwert und daraus folgend umso größer der Abstand zur Grenzwertkurve, desto besser das Reflexions- und Übertragungsverhalten. Allerdings kann es auch vorkommen, dass bei Messungen im unteren Frequenzbereich einzelne Messwerte trotz Verwendung guten Materials und entsprechender Verarbeitung sporadisch die Grenzwertkurve überschreiten. Hier müsste die Messung eigentlich als fehlerhaft bewertet werden, allerdings gibt es in den Standards gewisse Ausnahmeregeln für die Bewertung einiger Hochfrequenzparameter. Da spezielle Effekte beim Messen oder Eigenschaften von Strecken eine Messung als fehlerhaft bewerten würden, obwohl die Übertragungseigenschaften ausreichen zur fehlerfreien Datenübermittlung, hat man einige Korrekturformeln in die Standards integriert, die natürlich in den Messgeräten auch umgesetzt werden müssen.

Für das Reflexionsverhalten gilt zum Beispiel: Liegt die Einfügedämpfung der gemessenen Strecke unter 3 dB, wird das Return Loss nicht bewertet, sondern nur informativ angegeben. Die Legitimierung dahinter ist, dass dies nur im untersten Frequenzbereich so passieren kann, bei dem keine schwerpunktmäßige Datenübertragung stattfindet und daher die Signale nicht relevant beeinträchtigt werden

Das Einwirken von Ausnahmeregeln erkennt man im WireXpert-Messgerät an einer zweifarbigen Grenzwertlinie. Der erste Teil der Limit-Kurve wird grün dargestellt, hier greift eine Ausnahmeregel und die Messwerte sind unabhängig von ihrer Lage zur 
Grenzwertkurve „nur informativ“ und tragen nicht zu einer Bewertung bei. Anschließend wird die Kurve rot und ab hier gilt die Gut/Schlecht-Bewertung.

Locator Rückflussdämpfung

Wenn die Return-Loss-Messung für die Strecke fehlschlägt, dann bietet der WireXpert zur schnellen Fehlerortung die Locator-Funktion für Rückflussdämpfung an, die ein Detailprofil der Signalreflexionen über die gesamte Länge der Strecke liefert. Die Grafik zeigt an jeder Position entlang der Verkabelungsstrecke das Reflexionsverhalten als Amplitudenausschlag an. Ein frei beweglicher Cursor kann entweder per Hand an ein Reflexionsereignis geführt oder mittels Spitzenwertdetektor sukzessive auf die einzelnen Störspitzen gesetzt werden. Unter der Sammelgrafik stellt das Gerät eine Übersichtstabelle dar, die paar- und seitenweise zum einen Gut/Schlecht-Indikatoren anzeigt und zum anderen den Anzeigeinhalt der Grafik steuert. So lassen sich eindeutig das betroffene Aderpaar und die betroffene Stelle lokalisieren.

Ursachenforschung

Wir wollen uns die möglichen Fehlerquellen in der Theorie anschauen, um sie später an realen Messbeispielen wiederzufinden. Beginnen wir bei den verbauten Komponenten, dazu gehören im einfachsten Normalfall die Verlegekabel, das Verteilfeld und die Datendose. Gehen wir davon aus, dass hier die passenden Leistungskategorien eingesetzt wurden, um die gewünschte Leistungsklasse zu erreichen, und gehen wir von einer fachmännischen Installation aus.

Wie können nun auf einem Datenkabel derartige Inhomogenitäten der Impedanz auftreten, so dass die Reflexionswerte abstürzen? Dies geschieht, wenn die Produktionsprozesse gestört wurden und eventuell ein oder mehrere Aderpaare über eine längere Strecke nicht richtig verseilt sind oder die Abschirmfolie um ein Pärchen eventuell umgeschlagen ist. Zum Glück werden solche Produktionsfehler meist in der Qualitätskontrolle des Herstellers schon entdeckt und gelangen selten in den Verkehr. Ähnliches gilt auch für die Abschlusskomponenten. Es kann auch hier sporadisch vorkommen, dass unzureichende Qualität produziert wurde und sich beim Einmessen der Strecke nun bei den Hochfrequenzparametern Fehler zeigen. Aber auch hier gilt, dass die Qualitätssicherung zumindest bei den namhaften Herstellern hier einen Riegel vorschiebt.

Kabel

Die wohl häufigsten Rückflussdämpfungsprobleme einer Anlage liegen im Zustand des verbauten Kabels begraben. Wie oben erwähnt ist der stabile Wellenwiderstand wohl der wichtigste Parameter des Kabels, auf den es zu achten gilt. Jegliche mechanische Veränderung führt augenblicklich zu einer Veränderung in den Belagsparametern und einer Verschiebung des Impedanzwertes. In Folge werden Reflexionen auftreten, die eine Datenübertragung beeinträchtigen werden.

Der schlimmste Stress, den Sie einem Datenkabel antun können, ist wohl ein zu kräftiges Ziehen, womöglich noch über zu kleine Biegeradien beim Einbau der Leitung. Eine moderne doppelt geschirmte Cat 7-Leitung hat eine maximale Zugbelastung je nach Hersteller von ca. 100 bis 350 N, also von circa 10 bis 35 kg. Dies ist nicht viel, bedenkt man die oft (zu) klein dimensionierten Leitungswege, die sich den Kabeln widersetzen. Eine derartige Überlastung des Kabels wird im Inneren eine starke Veränderung des geometrischen Aufbaus zur Folge haben, dies wiederum eine Veränderung der Belagswerte. Dies bedingt eine geänderte Impedanz, was zu Fehlanpassungen und daraus resultierend zu Reflexionen führt, die die Übertragungseigenschaften schwächen. Nicht von ungefähr spricht der Fachmann beim Einbringen der Kabeln vom „Einlegen“ und schüttelt sich beim Wort „Einziehen“. Erkennbar ist ein solches Kabel im Rückflussdämpfungs-Locator an einer Messkurve, die über den gesamten Verlauf Störamplituden zeigt. Leider glauben noch (zu) viele Installateure, dass ein Überziehen der Leitungen nicht mehr „sichtbar“ ist, wenn mal alle Abdeckungen geschlossen sind und das Kabel nicht mehr zu sehen ist. Ein Zertifizierer deckt eine derartige „Misshandlung“ eines Kabels mit nur einer Messung auf. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Einhaltung der zulässigen Biegeradien hingewiesen. Die hier zulässigen Werte unterscheiden sich für den Installationsfall und dem späteren Betrieb. Beachten Sie hierzu die jeweiligen Datenblätter des Herstellers.

Defekte von Dritten

Allerdings gibt es auch eine Reihe von Beschädigungen eines Kabels, die einem Installateur nicht zuzuschreiben sind und erst nach der Verlegung beim Einmessen auffallen. Klassisches Beispiel hierfür ist der Gabelstapler, der unbemerkt über die ausgelegten Kabel gefahren ist und durch sein Gewicht die interne Struktur zerstört hat, aber äußerlich am Mantel keine gravierenden Spuren hinterlassen hat. Fällt man dann bei der RL-Messung durch und lässt sich die Orts-Grafik anzeigen, findet man zwei auffallende Störamplituden auf dem Kabellauf mit einem Abstand von circa 2 Meter, eben der Spurweite des Staplers.

Hier hilft nur mehr ein Austausch des Kabels. Fies sind auch Fehler, die durch andere Gewerke der Anlage zugefügt werden, z.B. der Trockenbauer, der ein Datenkabel versehentlich gekappt und es dann laienhaft mit einer Lüsterklemme wieder geflickt hat. Es wird eine große Störspitze auf der Anzeige des Messgerätes erscheinen am Ort der Operation. Schaut man sich an der Stelle auch die Orts-Grafik für das Übersprechen an, wird man auch hier eine große Störamplitude sehen. Fallen beide wichtigen Hochfrequenzparameter durch, kann man von einer unzureichenden Verbindung ausgehen. Es sind sowohl die Abschirmmechanismen als auch der geometrische Aufbau des Kabels zerstört worden. Im Gegensatz zu unserem Gabelstapler von oben, bei dem hauptsächlich die Geometrie gelitten hat und die Abschirmmechanismen noch intakt sind und deshalb durchaus das Übersprechen auch noch als OK bewertet werden kann.

Anschlusskomponenten und Anschlusstechnik

Die nächste Quelle für Reflexionsstörungen ist in den Anschlusskomponenten oder vielmehr bei deren Anschlagen ans Kabel zu finden. Im Vorlauf haben wir bereits die Verwendung von passenden Komponenten der jeweiligen Leistungskategorie vorausgesetzt, also ist die Fehlerursache von einem Missverhältnis zwischen möglicher und geforderter Leistung schon ausgeschlossen. Allerdings bleibt noch der Faktor Techniker und seine Anschlusskunst übrig. Fairerweise muss man eingestehen, dass heutzutage durch die Verwendung von modernen Einzelmodulen diese Probleme seltener geworden sind. Bei älteren Kompaktdosen mit den LSA-Leisten kam es noch öfter vor, dass durch massive Veränderung der Kabelgeometrie in der Dose, z.B. zu weites Aufdrillen der Aderpaare, die Hochfrequenzeigenschaften gelitten haben. Oft kam es hier beim Nachmessen zu Übersprech- und Reflexionsfehlern. Sollte dies der Fall sein, kann man über die Locator-Funktion des WireXpert sofort auf den Fehlerort am Anfang bzw. Ende der Strecke schließen. Sofern die Komponente nicht intern defekt ist, hilft meist ein sauberes Neuanschließen, um die Hochfrequenzeigenschaften wieder zurückzuholen.

Fehlerbilder

Hier einige Anmerkungen zu den dargestellten Fehlerbildern. Der WireXpert ist in der Lage die Hochfrequenzcharakteristika sowohl über die Frequenz als auch ortsabhängig darzustellen. Die Kombination aus beiden Modi erlaubt eine exakte und schnelle Fehleranalyse.

Abbildung 1 zeigt als Referenz einen unauffälligen Reflexionsverlauf über den gesamten Frequenzbereich des angewählten 500 MHz Standards. Auch die Ortsauflösung zeigt keine Anomalien und alle Kombinationen in der Tabelle sind als Gut bewertet. So sollte es immer sein.

In Bild 2 (Abbildung 2) ist nun eine Strecke zu sehen, die beim Einbringen stark überdehnt wurde, die Impedanz wurde hier verändert und somit erzeugen Fehlanpassungen Reflexionen, die die Messung scheitern lassen. Im Locator sehr schön zu sehen, wie die Kurve über fast die gesamte Streckenlänge Ausschläge zeigt.

Ein Klassiker ist Messung 3 (Abbildung 3). Die Rückflussdämpfung fällt raus und bei näherer Betrachtung sind auf der Strecke zwei etwa gleich hohe Störspitzen auf allen Aderpaaren zu sehen. Der Abstand der Spitzen beträgt circa 2 Meter, in etwa die Spurweite eines Fahrzeugs, eventuell ein Gabelstapler, der über die ausgelegten Kabel gefahren ist, was allerdings nicht bemerkt wurde beim Einbringen der Kabel. Hier auch zusätzlich dargestellt das Übersprechverhalten über die Strecke. Da trotz „RL-Beschädigung“ hier immer noch ein Gut rauskommt, scheinen die Abschirmmechanismen für das Übersprechen (Verdrillung, Schirmfolie) noch intakt, sprich das Kabel ist nicht aufgerissen, die Adern nicht freigelegt und entdrillt. Aber raus muss das Kabel doch!

Bei der vierten Messung (Abbildung 4) ist wieder ein Rückflussdämpfungsfehler aufgetreten. Der RL-Locator zeigt diesmal eine große Störspitze an einer einzigen Stelle, aber auch wieder auf allen Aderpaaren an. Als Gegenkontrolle wird auch hier wieder der Verlauf des Übersprechens betrachtet und diesmal ist hier auch am selben Ort ein deutlicher Ausschlag zu sehen. Dies heißt, dass sowohl die gegenseitigen Abschirmmechanismen der Aderpaare als auch die Geometrie des Kabels zerstört wurden. Was war die Ursache? An dieser Stelle wurde aus Versehen das Kabel gekappt und sehr unfachmännisch mit einer einfachen Lüsterklemme wieder „geflickt“. Aber leider sind halt die Hochfrequenzeigenschaften von Lüsterklemmen nicht ausreichend für diesen Zweck. Welche Abhilfen gibt es in so einem Fall? Man hat drei Möglichkeiten, entweder das Kabel komplett austauschen, die Strecke stilllegen oder wirklich wieder miteinander verbinden, aber nicht mit einer Lüsterklemme, sondern mit speziellen Kabelverbindern, die es mittlerweile von einigen namhaften Herstellern gibt. Aber nicht übertreiben, nur maximal EIN solcher Verbinder pro Strecke ist zulässig.

Abbildung 5 zeigt das Störungsbild, wenn an einem Ende der Strecke eine unzureichende Komponente, wie z.B. eine Kompaktdose mit zu niedriger Kategorie, verbaut wurde, oder die Hochfrequenzwerte durch unsachgemäßes Anschließen, z.B. mit zu weit aufgedrillten Adern, erfolgt ist. In den meisten Fällen hilft hier die Verwendung passender Komponenten bzw. ein nochmaliges Anschließen unter Einhaltung aller gängigen Vorschriften, z.B. nicht weiter als 13 mm die Adern aufdrillen und auch keine eigenen Anschlussschemas erfinden.

Die letzte Messung (Abbildung 6) zeigt die 3-dB-Regel im Einsatz. Die Grenzwertkurve wird im unteren (grünen) Teil zwar von den Messwerten überschritten, aber trotzdem ist das Ergebnis positiv. Ebenso positiv die RL-Locator-Darstellung. Würde auch nur ein Wert im roten Teil der Grenzwertkurve die Linie überschreiten, würde die Messung als „Nicht Bestanden“ bewertet. An dieser Strecke sind keine Eingriffe an der Anlage erforderlich.

Fazit

Generell gilt für die Installation von Datenstrecken, dass die verwendeten Kabel nicht „eingezogen“, sondern nur „eingelegt“ werden dürfen. Auch ist beim Handling der Datenkabel auf sorgfältigen Umgang zu achten. Jeglicher mechanischer Stress ist zu vermeiden. Beim Anschließen dürfen auch keine Experimente gemacht werden, weder ein eigenes Anschlussschema verwirklicht noch grob am Aufbau und am Verdrillungssystem des Kabels herumgefuhrwerkt werden. Auch bei Reparaturen an Strecken sollte bedacht werden, dass wir hier versuchen Hochfrequenzsignale zu übertragen und keinen 50 Hz Wechselstrom.

 

AUTOR

Alfred Huber
Leitung Technik,
Softing IT Networks GmbH