Die Datenautobahn wird mehrspurig - MPO-Steckverbinder

Der Datenhunger unserer heutigen, modernen „Online-Gesellschaft“ bleibt weiterhin ungestillt. So ist es nicht verwunderlich, dass die Entwicklung zu stets größerer Bandbreite und somit mehr Leistungsfähigkeit auch vor den Multimodefasern in den Datennetzwerken nicht Halt gemacht hat. Mittlerweile hat man zum einen die Übertragungseigenschaften dieser Fasern verbessert, aber auch Methoden entwickelt durch „Mehrspurigkeit“, also Parallelübertragung, die Datenraten zu steigern.

Eine Methode der Parallelschaltung von Übertragungskanälen basiert auf dem schon in den 1980er-Jahren entwickelten MPO-Steckverbinder (engl. Multipath Push-On, auch Multifiber Push-On). MPO ist ein Mehrfaserstecker sowohl geeignet für Multimode-, als auch für Monomodefasern. In den 1990er-Jahren wurde er von dem Joint Venture US-Conec zum MTP-Stecker weiterentwickelt. Er besitzt eine MT-Ferrule (engl. mechanical transfer) mit typischerweise 12 oder 24 Fasern in einer Reihe bzw. zwei Reihen übereinander (sogar Versionen mit bis zu 6 Reihen und somit 72 Fasern sind verfügbar). Der Faserabstand in einer Reihe und zwischen den Reihen liegt bei 250 µm. Definiert ist der MPO-Stecker im Standard IEC61754-7 (international) und TIA 604-5 (US). Er ist in der Norm ISO/IEC 11801 sowie EN 50173-5 für Anwendungen im Bereich Rechenzentrum standardisiert und unterstützt paralleloptische Übertragungen wie 40-Gbit/s- und 100-Gbit/s-Ethernet entweder auf 2x4 oder 2x10 Einzelfasern in einem Mehraderkabel. Dabei wird von einer Übertragungsleistung von 10 bzw. 25Gbit/s für eine Einzelfaser der Kategorie OM3 bzw. OM4 ausgegangen.

Eine zweite Methode der „Parallelschaltung“ wird gerade von den weltweiten Standardsgremien erarbeitet. Ziel ist die Übertragungskapazität von 100 Gigabit-Ethernet über nur zwei Fasern zu erreichen und das über längere Strecken, als bisher über die existierenden Kabelqualitäten möglich ist. Basis ist die Definition einer der neuen Breitband-Multimodeglasfaser, genannt WBMMF (Wide-Band-Multi-Mode-Fiber), genormt als OM5. Die angestrebten hohen Übertragungsraten werden hier nicht mit der Verwendung mehrerer einzelner Fasern im Kabel erreicht, sondern mit einem Multiplexingverfahren, welches unterschiedliche Wellenlängen (vergleichbar mit unterschiedlichen Farben) verwendet. In den USA ist die Faserspezifikation bereits genormt und der Standard TIA-492AAE wurde im Juni 2016 veröffentlicht. Die internationale Fasernorm IEC 60793-2-10 besteht bereits als Entwurf.

Bereits im Oktober 2014 gründete die TIA (Telecommunications Industry Association) eine Arbeitsgruppe zur Entwicklung eines Standards für Breitband-Multimodeglasfasern, 50/125 μm zur Unterstützung von Kurzwellenmultiplex-Übertragungen (SWDM). Die kommenden Ausgaben der internationalen, europäischen und deutschen Verkabelungsnormen werden die Definition der OM5-Faser in ihren nächsten Ausgaben beinhalten.

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Was verbirgt sich hinter OM5?

OM5 ist eine neue Breitband-Multimodefaser, die eine Datenübertragung bei vier unterschiedlichen Wellenlängen simultan über längere Strecken ermöglicht. Die mechanischen und optischen Eigenschaften der OM5-Faser gehen mit den OM4 50/125 μm-Spezifikationen konform, wobei sie zusätzliche Spezifikationen für eine effektive modale Bandbreite und Dämpfung bei 953 nm enthalten. Gleichwohl ist die OM5-Fa-ser für den Betrieb mit VCSEL-Sendern über den Wellenlängenbereich 846 bis 950 nm ausgelegt. Der große Vorteil der OM5-Fasern ist die Rückwärtskompatibilität zu OM3 und OM4 für einen umfassenden Investitionsschutz der Netzbetreiber. Die Einsatzvarianten bei Ethernet reichen bis zu Leitungslängen von 150 Meter mit 100 Gigabit-Ethernet über zwei Fasern und LC-Duplex-Stecker.


OM5 in Kombination mit MPO-Stecker-Technik

Möchte man nun mit den Datenraten noch höher hinaus bietet sich die an beide „Mehrspurverfahren“, MPO und OM5 zu kombinieren. Waren die bisherigen Multimodefasern des Typs OM3 und OM4 bisher die erste Wahl, wenn es um Ethernet- und Fiber-Channel-Applikationen bei 850 nm Wellenlänge ging, so ist bei einer Steigerung der Datenrate allerdings die Bandbreite wegen der modalen Dispersion der Fasern in Kombination mit der niedrigen VCSEL-Bandbreite begrenzt. Tauscht man nun diese Verkabelung gegen die Kombinatio MPO mit der OM5-Faser, die mit einer größeren Reichweite punktet, aus, empfehlen sich diese Strecken für innovative Hochleistungs-Netzwerke, die bis zu Längen von 150 Meter mit 400 Gigabit-Ethernet über acht Fasern und MPO-Stecker ihre Daten im SWDM-Verfahren übertragen können.


OM5 mit SWDM sorgen für mehr Datentransfer

Mit der heutigen Technik ist es nicht möglich, über ein Faserpaar seriell, mit einer Quelle und einem Empfänger, 100 Gbit/s bereitzustellen. Daher werden fast ausschließlich Multi-Lane-Verfahren eingesetzt, d.h. es arbeiten mehrere Kanäle parallel geschaltet. Eine Möglichkeit besteht darin, die kompletten Übertragungswege zu multiplizieren, eben wie es der MPO-Stecker macht. Eine andere Lösung ist, die optischen Kanäle in einer Faser parallel pro Richtung zu führen. Dieses Verfahren mit der Bezeichnung WDM (Wavelength-Division-Multiplexing) wird seit langer Zeit in der Weitverkehrstechnik schon erfolgreich eingesetzt. Eine jüngste Entwicklung ist die WDM-Technik mit wenigen kurzen Wellenlängen von 850 nm bis 950 nm - bekannt unter den Bezeichnungen Shortwave-CWDM oder SWDM finden mit den OM5-Fasern ihr Transportmedium, welches bis 25GBit/s pro verwendeter Wellenlänge leisten kann.

SWDM, eine proprietäre WDM-Technik, benutzt vier Wellenlängen, 850, 880, 910 und 940 nm, zur parallelen Datenübertragung. OM5-Fasern unterstützen den Wellenlängenbereich von ca. 850 – 950 nm. So ist es möglich, neue Applikationen im Kurzwellenmultiplexverfahren (SWDM: Short-Wavelength-Division-Multiplexing) bereitzustellen und somit die Zahl der benötigten parallelen Lichtwellenleiter um das 4-fache zu verringern. Der Einsatz von lediglich zwei Glasfasern anstelle von acht zur Datenübertragung mit 40 Gibt/s und 100 Gbit/s rückt in greifbare Nähe.

Die Kombination von SWDM und OM5 bietet aktuell noch keine größere Reichweite, doch da in jeder Faser vier Datenströme mit je 25 Gbit/S übertragen werden können, wären bei acht Fasern Datenraten von 400 Gbit/S über 150 Meter denkbar.

Wofür ist OM5 aus heutiger Sicht interessant?

Die Übertragung von 100-Gigabit-Ethernet über zwei OM5-Fasern ist sicher sehr interessant für Rechenzentren, Serverräume und komplexe Gebäudeverkabelungen zur Verbindung von Hochleistungs-Servern sowie leistungsstarken Switchen. Für 400 Gbit/s über acht OM5-Fasern stehen hauptsächlich Rechenzentren im Focus. Administratoren, deren Planung bereits bis 40 Gbit/s und weiter geht, installieren OM5-Fasern bereits im Backbone-Bereich für die Anbindung von Switchen. In bestehenden Backbone-Netzen sind meistens OM3- und OM4-Fasern mit zwei Fasern pro Strecke verlegt. Da der Netzwerkausbau schrittweise erfolgt, macht sich die Rückwärtskompatibilität der OM5-Faser zu Fasern der Klasse OM3 bis OM4 positiv bemerkbar. Auch stellt OM5 an die LC-Stecker keine besonderen Anforderungen und ermöglicht so eine effiziente Migration in Richtung Hochgeschwindigkeits-Ethernet. Übrigens: Die TIA hat als offizielle Farbe für den Kabelmantel „Limonengrün“ definiert.


OM5 und MPO-Verkabelungen richtig messen

Obwohl bei der OM5-Faser ein Wellenlängenfenster im SWDM-Betrieb von ca. 850nm bis 950nm verwendet wird, ist die übliche Bestimmung der Einfügedämpfung bei 850 nm und 1300 nm als Abnahmemessung ausreichend. Die Einhaltung der Testvorgaben, wie z.B. in IEC 61280-4-1 für die Messung an Multimodestrecken beschrieben, ist aus- reichend, um eine Einhaltung der Dämpfungswerte bei 953nm daraus ableiten zu können. Aus ersten Labormessreihen, die an guten und „verschmutzten“ Strecken durchgeführt wurden und die 953nm als Testwellenlänge enthielten, konnte bisher keine Notwendigkeit abgeleitet werden, eine separate Messung bei 953nm durchzuführen.
Die multimode LWL-Messmodule, die in Verbindung mit WireXpert-Messgerät bisher verwendet werden, erfüllen also weiterhin ihre Aufgabe, auch an OM5-Strecken. Wichtig eben auch hier die Einhaltung der verlangten Encircled-Flux-Einkoppelbedingungen und die Verwendung qualitativ hochwertiger Messkabel, um reproduzierbare Messergebnisse zu erhalten. Natürlich können Messungen an OM5-Kabelstrecken auch mittels OTDR, wie z.B. dem FiberXpert in Quad-Ausführung, durchgeführt werden. Auch hier gilt, dass mit den bisherigen Testwellenlängen bei 850nm und 1300nm ausreichende Resultate erzielt werden.

Beim Testen von MPO-Strecken war man bis vor kurzem auch noch auf die traditionellen Teststandards wie eben die IEC 61280-4-1 für multimode und die IEC 61280-4-2 für singlemode Dämpfungsmessungen angewiesen. Seit einigen Wochen gibt es nun einen “Technical Report“ IEC TR 61282-15, der sich speziell mit dem Testen mehrfaserigen LWL-Strecken befasst, die mit MPO-Steckern der IEC 61754-7 Familie abgeschlossen sind. Diese „Arbeitsanweisung“ erklärt die verwendeten typischen Terminologien, den Aufbau der MPO-Stecker, die relevanten Parameter und Testmethoden. Es werden ausführlich die unterschiedlichen Messarten aufgeführt, die sich entweder Lichtquellen und Dämpfungs- messgeräten oder OTDRs zur Ermittlung der Testergebnisse bedienen. Auch werden die verschiedenen Anschlusstechniken, zum einen direkt über MPO-Stecker am Messgerät, zum anderen über Fan-out-Kabel oder optische Umschalter aufgezeigt. Nicht zu vergessen, ein Absatz gehört der Steckerendflächenbetrachtung und –bewertung.

Es können zum Testen von MPO-Strecken weiterhin klassisch die Standard-LWL-Messmodule, die in Verbindung mit WireXpert-Messgerät verwendet werden, eingesetzt werden, aber dann eben in Kombination mit Fan-out-Techniken oder optischen Umschaltern.

Eleganter natürlich ist die Verwendung der MPO-Messmodule in Verbindung mit dem WireXpert. Hier ist kein Umstecken zwischen den Kanälen mehr notwendig, die Ergebnisse werden genauer und vor allem die Messzeiten gehen signifikant nach unten. Natürlich können anstelle der Dämpfungsmessgeräte auch wieder OTDRs verwendet werden, wie z.B. wieder der FiberXpert in Quad-Ausführung, aber es muss entweder ein Fan-out oder optischer Umschalter verwendet werden, da nur ein Testanschluss dort verfügbar ist.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass bei der Beobachtung der Entwicklungen im Ethernet-Bereich klar wird, dass bezüglich der Übertragungsverfahren kein Engpass in puncto Kreativität besteht. Zahlreiche, teilweise sich überlappende Lösungen sind in der Entwicklung oder bereits standardisiert. Als sicher gilt aber, dass nicht jede Idee ein kommerzieller Erfolg werden kann. Die neuen OM5-Fasern hingegen werden sich in Rechenzentren und LANs durchsetzen, denn sie punkten durch ihre Rückwärtskompatibilität zu ihren Vorgängern und durch das Leistungsmerkmal der simultanen Datenübertragung bei vier unterschiedlichen Wellenlängen in Kombination mit SWDM-Technik sowie durch die erweiterte Längenrestriktion. In Kombination mit der MPO-Technologie haben sie das Potential noch erfolgreicher zu werden. Diese Dreierkombination ermöglicht Unternehmen eine Vervielfachung der Übertragungsraten und lässt alle Optionen bei der Migration offen. Auch steht die Messtechnik heute schon zur Verfügung, solch moderne Systeme auf ihre Zukunftstauglichkeit zu bewerten.

Autor: Alfred Huber Leiter Technik

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